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Es lebe der Urwald! |
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Hallo,
ich habe kurzfristig beschlossen, mich aktiv für unsere Umwelt einzusetzen.
Gestern morgen habe ich einen Werbespot mit Günter Jauch gesehen dem zu
entnehmen war, dass die Krombacher Brauerei und Greenpeace ein beispielloses
Projekt zur Rettung des Urwaldes ins Leben gerufen haben:
Für jeden getrunkenen Kasten Krombacher Bier werden sie 1m² Urwald retten.
In mir erwachte sofort der bisher tief in meinem Innersten verborgen gewesene
Naturfreund und Umweltschützer und so beschloss ich, auch meinen Beitrag
zur Rettung der Urwälder beizutragen.
Während ich so mit der Rettung des einen oder anderen Meters Regenwald beschäftigt
war, kam meine Freundin nach Hause. Bei der anschließend geführten, hitzigen
Debatte mit ihr, machte ich vermutlich die gleiche Erfahrung, wie Tausende
andere Umweltschützer vor mir auch: Ich stieß auf völliges Unverständnis.
Der Urwald schien ihr völlig egal, mein Engagement für die Natur und das
Leben aller Menschen lehnte sie völlig ab. Sie wollte nicht verstehen, dass
man eine so große Aktion, wie die Rettung der Natur, nicht aufschieben kann,
ganz gleich, ob es erst Vormittag ist oder nicht. Da sie in keinster Weise
einsichtig war und man(n) bereit sein muss, für die Vollbringung solcher
Taten Opfer zu bringen, verließ ich das Haus. Niedergeschlagen, nein traurig,
lief ich zunächst ziellos umher. Angst beschlich meine Gedanken. Angst um
die Wälder. Verzweiflung machte sich tief in meinem Inneren breit, denn
mit jeder verstrichenen Minute hätte ich wieder einige Quadratzentimeter
unwiederbringlicher Natur retten können.
Die Angst schnürte meine Kehle zu, die Verzweiflung ließ meinen Hals austrocknen.
Wie groß war da meine Freude, als ich unerwartet auf eine Versammlung gleichgesinnter
Umweltaktivisten traf! Ich erkannte sie sofort, denn als Zeichen ihrer Verbundenheit
hielten sie alle eine Flasche Krombacher in der Hand, die sie demonstrativ
leerten.
Schnell nahmen sie mich in ihre Mitte auf und so erfuhr ich sehr bald, dass
einige von ihnen sich bereits seit Jahren mit der Rettung ganzer Kontinente
beschäftigen, unbeachtet von der Öffentlichkeit, genau hier, an diesem Kiosk!
Ich bewunderte die Zeichen ihres teilweise jahrelangen Kampfes:
Die von den Entbehrungen ausgemergelten Körper, die zum Aufforsten nötigen,
prallen Bäuche, den Geruch nach Jahrtausende altem Urwaldboden, die mannigfaltigen
Insekten und ich übersah auch nicht, dass sich einige beim Kampf um die
Natur wohl die Zähne ausgebissen hatten.
Nachdem wir zusammen eine ungefähr tennisplatzgroße Menge natürlichem Urwaldes
gerettet hatten stellte ich fest, dass der Schutz und die Rettung der Umwelt
ihren Tribut zollten. Durch das lange stehen schmerzten meine Füße, die
Waden krampften, selbst die Zunge war durch die langen Debatten in ihrer
Funktionsweise beeinträchtigt: Ich hatte immer größere Mühen beim Aussprechen
der großen Buchstaben eines Satzes oder Wortes. Aus diesem Grund beschloss
ich, die Versammlung zu verlassen und machte mich auf die Suche nach weiteren
Mitstreitern. In einer Gaststätte ganz in der Nähe wurde ich dann auch sofort
wieder fündig: Gut ein halbes Dutzend Umweltler hatte sich dort eingefunden
und arbeitete hier im Verborgenen an der Rettung der natürlichen Ressourcen.
Schnell war ich aufgenommen. Ich war gerührt als der Wirt meine Hand nahm
und mir sagte: "Junge, rette den Urwald, wir zählen auf Dich", und orderte
die 4te Lokalrunde, um unsere Aktion voranzutreiben. Da die anderen Gäste
darauf bestanden, neben dem Urwald auch zusätzlich Gebiete wie die Sahara,
die Wüste Gobi und den Rheingau wieder aufzuforsten und somit auch den Aufbau
des heimischen Waldbestandes zu unterstützen, blieb mit nichts anderes übrig,
als zu der Runde noch Jägermeister zu ordern. Ganz schwindlig war mir vor
Stolz und Glück, als ich viel später die Kneipe verließ. Plötzlich sah ich
die Welt mit anderen Augen! Leicht verschwommen zwar, aber dafür sah, nein
fühlte ich, dass sich unsere gute Mutter Erde drehte. Nicht gleichmäßig
und in eine Richtung, nein, es waren eher ruckartige Bewegungen in abwechselnde
Richtungen. Welch eine Erfahrung!
Vor Glück taumelnd lief ich zu meinem Auto und beschloss, einen Demonstrationszug
durch die Kneipen der Innenstadt durchzuführen, um die vielen, anderen Menschen
auf die Probleme aufmerksam zu machen.
So fuhr ich in Richtung Stadt und war gerade einem Ozonloch ausgewichen
als ich am Straßenrand einen Streifenwagen entdeckte. Auf der Fahrbahn standen
mehrere Polizisten und schauten in meine Richtung. Sie mussten von meinem
Vorhaben erfahren haben, denn sie hielten gezielt mein Fahrzeug an. Von
Vorkontrollen bei Demonstrationen hatte ich ja bereits gehört, war aber
dennoch verwundert, wie schnell sich das rumgesprochen hatte. Nachdem ich
angehalten und aus meinem Wagen gestiegen war, entschloss ich mich zu einer
spontanen Sitzblockade auf der Straße. Wenn ich im nachhinein darüber nachdenke,
war es keine rational erklärbare Aktion, eher ein Zwang meines Unterbewusstseins.
Ich saß und mein Körper weigerte sich, wieder aufzustehen. Mir widerfuhr
das gleiche Schicksal wie Sitzblockierern in Brockdorf oder entlang der
Castor-Strecke: Ich wurde durch die Polizisten weggetragen. Auch sie wollten
den ernst der Lage nicht verstehen, obwohl ich sie immer wieder darüber
aufklärte. Später, auf dem Revier, erschien dann endlich ein vernünftiger
Mensch. Er hörte sich mein Problem in aller Ruhe und sichtbar interessiert
an und erklärte mir dann, dass er die Anzahl der von mir geretteten Bäume
feststellen wolle. Ich hätte den Schutz der Umwelt quasi im Blut und er
bräuchte aus diesem Grund etwas davon. Ich war glücklich, diesen verständnisvollen
Menschen getroffen zu haben. Mein Engagement würde amtlich festgehalten
und der Nachwelt erhalten!
Dafür gab ich ihm gerne mein Blut.
Wenig später befand ich mich zu Fuß auf dem Weg nach Hause. Meinen Wagen
hatten die netten Beamten behalten, damit er durch seine Abgase nicht alle
meine Bemühungen wieder zerstört, wie sie mir erklärten. Auch haben sie
mir fest versprochen, nach dem Recyclingverfahren aus meinem Führerschein
ein Flugblatt zur Unterstützung der Rettungsaktion zu machen.
Froh und mit der Gewissheit, etwas großartiges getan zu haben ging ich dann
nach Hause. Unterwegs rettete ich an der Tankstelle noch ein paar Pflänzchen
und erinnerte mich an eine alte Weissagung der Indianer:
Erst,
wenn die letzte Ölplattform versenkt,
die letzte Tankstelle geschlossen,
das letzte Auto stillgelegt,
die letzte Autobahn begrünt ist,
werdet Ihr feststellen, daß Greenpeace nachts
kein Bier verkauft.
In diesem Sinne wünsche ich einen frohen Tag. Ich geh jetzt nochmal 'n bischen
Wald retten und ab morgen versuchen wir das gleiche nochmal mit Köpi. |

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